Die Ausnahme-Klausel Jesu für Ehescheidung und Wiederheirat in Mt 5,32 u. 19,9

Eine Untersuchung der Begriffe Porneia (Unzucht/(Hurerei) und Moicheia (Ehebruch)

Joachim Hübel

Ganz unten steht ein kostenloser Download des pdf-Dokuments „Die Ausnahme-Klausel Jesu für Ehescheidung und Wiederheirat in Mt 5,32 u. 19,9“ zur Verfügung (2,39 MB, 18 Seiten):

Basis-Texte:

Jesus Christus: „Es ist aber gesagt: Wer seine Frau entlassen will, gebe ihr einen Scheidebrief. Ich aber sage euch: Jeder, der seine Frau entlassen wird, außer aufgrund von Hurerei/Unzucht (griech.: Porneia), macht, dass mit ihr Ehebruch begangen wird; und wer eine [solche, aus beliebigem Grund] Entlassene heiratet, begeht Ehebruch.“ (Mt 5,31.32)

„Ich sage euch aber, dass, wer immer seine Frau entlässt, außer wegen Hurerei/Unzucht (griech.: Porneia), und eine andere heiratet, Ehebruch begeht; und wer eine [aus beliebigem Grund] Entlassene heiratet, begeht Ehebruch.“ (Mt 19,9)

Ein Glaubensbruder schrieb mir in einer Email über Scheidung und Wiederheirat folgende Erklärung:

„Ich persönlich habe die Erkenntnis aus der Schrift, dass ich mich nicht aktiv von meiner Frau scheiden lassen darf. Das käme für mich nicht in Frage. Jüdische Ausleger meinen nach Niederschrift des NT: Ein Mann darf seine Frau nur aufgrund von Porneia (= vorehelicher Sex) entlassen, wenn er merkt, dass sie Jungfrauschaft vorgetäuscht hat (so im Falle von Joseph und Maria – Mt 1,18-29) [siehe dazu 5.Mo 22,13-21]. Und das hat der Jude Jesus auch so gemeint. Wenn eine Ehe bereits geschlossen wurde, ist Untreue nicht Porneia sondern Moicheia, davon redet aber Jesus nicht im Griechischen Urtext [in Mt 5,32 und in Mt 19,9 siehe oben die Textzitate – vgl. Mk 10,11.12*;  Lk 16,18*]. – Wie dem auch sei, meine Meinung vertrete ich für mich persönlich. Wer anders denkt - ich bin nicht Gott. Er muss seinen Standpunkt vor Gott vertreten und nicht vor mir.“ [Einfügungen in Klammern und schwarzer Schrift stammen von mir – J. Hübel]

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* Bei den beiden Synoptikern Markus und Lukas fehlt beim Scheidungsverbot Jesu die Ausnahme-Klausel. Das kommt daher, dass die beiden nicht den zwölf ursprünglichen Aposteln angehörten und somit auch keine unmittelbaren Ohrenzeugen dieser Aussage Jesu waren. Sie geben nur eine verkürzt überlieferte Version wieder. Doch der Apostel und Evangelist Matthäus hat die Ausnahme-Klausel persönlich aus dem Munde Jesu gehört.

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Meine Einwände zu der von dem Glaubensbruder beschriebenen Position:

„Durch die von dir dargestellte Fehlinterpretation sind leider viele Glaubensgeschwister, die sich aufgrund von Ehebruch/Unzucht haben scheiden lassen, betrübt worden. Mit deiner Interpretation(!) der Ausnahme-Klausel von Jesus Christus bei seinem Scheidungs- und Wiederheiratsverbot in Mt 5,32 u. 19,9 vertrittst du mit deiner Argumentation die klassische Auffassung jener, die die generelle Unauflösbarkeit der Ehe vertreten – abgesehen eben von der einzig akzeptierten Ausnahme der vorehelichen Unzucht. Dabei geht man davon aus, dass gemäß der Lehre Jesu „das, was Gott zusammengefügt hat, der Mensch nicht scheiden soll“ (Mt 19,5.6). Deshalb versucht man ein generelles Scheideverbot aufzurichten und dieses lehrmäßig zu legitimieren. Dabei wird aber leider nicht beachtet, dass diese Aussage Jesu im Kontext von Mt 19,3.7-9 ausdrücklich im Zusammenhang steht mit der Frage der Pharisäer nach dem mosaischen Scheidebrief (5.Mo 24,1ff). Und das war ja damals ausschließlich eine Scheidung aus beliebiger Ursache – also nicht bei Ehebruch. Denn bei Ehebruch sollte gemäß dem Mosaischen Gesetz nicht geschieden, sondern gesteinigt werden! (3.Mo 20,10; 5.Mo 22,20-22) Das war auch noch zur Zeit Jesu Christi die gültige Praxis (Joh 8,4.5). Jesus widersprach der mosaischen Scheidung aus beliebiger Ursache, aber er führte anstelle davon eine Ausnahme-Klausel ein: nämlich die legitime Scheidung bei Unzucht/Hurerei (Porneia). – Nun hängt das Verständnis dieser Klausel ganz von der korrekten Interpretation des Begriffes Porneia (Unzucht/Hurerei) ab. Warum verwendete Jesus für seine Ausnahme-Klausel nicht den Begriff Moicheia (Ehebruch), wo im Dekalog (= Zehngebot) doch ausdrücklich der Ehebruch verboten ist!? (2.Mo 20,14) – Die Antwort lässt sich aus der Tatsache ableiten, dass im Mosaischen Gesetz neben dem klassischen Ehebruch eine ganze Reihe anderer Unzucht-Sünden genannt werden, die alle gleichschwer wogen und bei denen Gott den Tod durch Steinigung (oder auf andere Weise) angeordnet hatte: darunter natürlich auch die voreheliche bzw. nichteheliche Sexualität (5.Mo 22,13-21). Doch zu den Todsünden der Unzucht/Hurerei zählten ebenso die Homosexualität (3.Mo 20,13), der Inzest (Sex mit nahen Familienangehörigen – 3.Mo 18,6ff; 20,11.12.17.19-21; 5.Mo 23,1), der gewalttätige Sex (Vergewaltigung – 5.Mo 22,23-27), die Zoophilie (Sex mit Tieren – 3.Mo 20,15.16), der menstruale Sex (während der weiblichen Periode – 3.Mo 20,18) und die Hurerei (Prostitution – 3.Mo 19,29;  5.Mo 23,18;  1.Kor 6,15.16).

Alle diese Unzuchts-Sünden wogen gleich schwer und wurden mit dem Tod bestraft. Das waren also „Todsünden“, genauso wie Abgötterei und der Götzendienst (= religiöse Unzucht). Hätte Jesus bei der Ausnahmeklausel allein den Ehebruch (Moicheia) genannt, dann wären alle diese Gräuelsünden außen vor geblieben und hätten keine Scheidung und Wiederheirat legitimiert. Weil dort die klassische Definition von Ehebruch nicht gegriffen hätte. Denn der Ehebruch wird folgendermaßen definiert: Ein verheirateter Mann oder eine verheiratete Frau vollziehen mit einem anderen andersgeschlechtlichen Partner als dem eigenen Ehepartner sexuellen Verkehr. (Oder eine unverheiratete Person vollzieht mit einer verheirateten Person des anderen Geschlechts sexuellen Verkehr.) Wenn einer der Ehepartner mit einem gleichgeschlechtlichen (homosexuellen) Partner Unzucht treibt, dann entspricht das bereits nicht mehr der eigentlichen Definition von Ehebruch! Wie viel weniger würde das für die anderen Unzucht-Sünden und sexuellen Perversionen wie Tiersex, Inzest (mit eigenen Kindern) oder andere abartige Praktiken wie bspw. Sadismus (Sex mit Grausamkeit und Gewaltanwendung) gelten. Sollte da Jesus mit seiner Scheidungs-Ausnahmeklausel wirklich nur den einen Fall (den vorehelichen Sex) herausgegriffen haben ohne dabei die anderen Fälle schlimmster Unzucht/Hurerei zu berücksichtigen?! Das ist undenkbar! Der Begriff Porneia (Unzucht/Hurerei) umfasst alle sexuellen Sünden!

 

Du kennst den Unterschied zwischen Überbegriffen und Unterbegriffen. Porneia (Unzucht/Hurerei) ist ein Überbegriff für alle Arten von schweren Unzucht-Sünden. Er umfasst alle Unterbegriffe wie Homosexualität, Zoophilie, Inzest und andere – also auch Moicheia (Ehebruch). Siehe dazu die nachfolgenden Tafeln: 

Dass der Begriff Porneia der Überbegriff für jede Form von Unzucht-Sünden ist – inklusiv des Ehebruchs (Moicheia) –, das wird auch von folgenden Bibelstellen bestätigt:

Das Gebot des Heiligen Geistes beim ersten Apostelkonzil in Jerusalem:

Als der Apostel Jakobus mit der Frage konfrontiert wurde, ob Heiden-Christen das ganze Gesetz Moses halten müssen, erklärte dieser unter der Führung des Heiligen Geistes folgendes:

„Deshalb urteile ich, man solle die, welche sich von den Nationen zu Gott bekehren, nicht beunruhigen, sondern ihnen schreiben, dass sie sich enthalten von den Verunreinigungen der Götzen und von der Unzucht (Porneia) und vom Erstickten und vom Blut.“ (Apg 14,18.29)

Es ist undenkbar, dass in dem hier verwendeten Begriff Porneia (Unzucht/Hurerei) nicht auch der Ehebruch (Moicheia) enthalten ist!

In einem Brief an die Gemeinden der Heiden-Christen wird dieses Urteil ausdrücklich als Gebot des Heiligen Geistes bestätigt:

„Denn es hat dem Heiligen Geist und uns gut geschienen, keine größere Last auf euch zu legen als diese notwendigen Stücke: euch zu enthalten von Götzenopfern und von Blut und von Ersticktem und von Unzucht (Porneia). Wenn ihr euch davor bewahrt, so werdet ihr wohl tun.“ (Apg 15,28.29)

Auch bei den folgenden Bibelstellen ist im Überbegriff Porneia selbstverständlich der Unterbegriff Moicheia (Ehebruch) enthalten, weil der Kontext das zwingend nahe legt, auch wenn dort der Begriff Moicheia (Ehebruch) nicht explizit erwähnt wird:

„Lasst uns anständig wandeln wie am Tag; nicht in Schwelgereien und Trinkgelagen, nicht in Unzucht (Porneia) und Ausschweifungen, nicht in Streit und Eifersucht“ (Röm 13,13)

„Flieht die Unzucht (Porneia)! Jede Sünde, die ein Mensch begehen mag, ist außerhalb des Leibes; wer aber Unzucht (Porneia) treibt, sündigt gegen den eigenen Leib.“ (1.Kor 6,18)

„Aber wegen der Unzucht (Porneia) habe jeder seine eigene Frau, und jede habe ihren eigenen Mann.“ (1.Kor 7,2)

„Offenbar aber sind die Werke des Fleisches; es sind: Unzucht (Porneia), Unreinheit, Ausschweifung, Götzendienst, Zauberei, Feindschaften, Streit, Eifersucht, Zornausbrüche, Selbstsüchteleien, Zwistigkeiten, Parteiungen, Neidereien, Trinkgelage, Völlereien und dergleichen. Von diesen sage ich euch im Voraus, so wie ich vorher sagte, dass die, die so etwas tun, das Reich Gottes nicht erben werden.“ (Gal 5,19-21)

„Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind: Unzucht (Porneia), Unreinheit, Leidenschaft, böse Begierde und Habsucht, die Götzendienst ist!“ (Kol 3,5)

Unzucht (Porneia) aber und alle Unreinheit oder Habsucht sollen nicht einmal unter euch genannt werden, wie es Heiligen geziemt“ (Eph 5,3)

„Denn dies ist Gottes Wille: eure Heiligung, dass ihr euch von der Unzucht (Porneia) fernhaltet“ (1.Thess 4,3)

 

„Nun aber habe ich euch geschrieben, keinen Umgang zu haben, wenn jemand, der Bruder genannt wird, ein Unzüchtiger (Pornos) ist oder ein Habsüchtiger oder ein Götzendiener oder ein Lästerer oder ein Trunkenbold oder ein Räuber; mit einem solchen nicht einmal zu essen.“  (1.Kor 5,11)  

Es ist nicht vorstellbar, dass Jesus in seiner Ausnahme-Klausel die voreheliche Unzucht (gemäß 5.Mo 22,20.21) als einzigen Grund für eine Scheidung billigt, während er alle anderen, mindestens ebenso schlimmen Unzucht-Sünden und sogar den Ehebruch nicht gelten ließe!

Das Gebot, dass ein Ehepartner, der durch Ehebruch betrogen und seelisch schwer verletzt wurde, sich nicht scheiden lassen dürfe – bzw. im Falle einer solchen Scheidung aufgrund von Ehebruch nun für den Rest seines Lebens ledig bleiben müsse – ist vom biblischen Wort her nicht nur nicht nachvollziehbar, sondern geradezu eine Zumutung und grausame Härte, die der Agape-Liebe widerspricht.

In diesem Zusammenhang wird in der Seelsorge von den Betroffenen oftmals die Gewährung von bedingungsloser Vergebung gefordert – also Vergebung selbst bei mangelnder Reue und Umkehr des schuldigen Partners. Das ist nicht nachvollziehbar – siehe dazu den Link: J. Hübel: Müssen wir anderen bedingungslose Vergebung gewähren? – Selbst bei Einsicht, Reue und Umkehr des schuldigen Partners und bei anschließender Gewährung von Vergebung ist der betrogene Partner nicht dazu verpflichtet, die Ehe fortzuführen. Wenn allerdings kleine Kinder vorhanden sind, dann sollte geprüft werden, ob nicht eine Wiederherstellung der Ehe (mit Bundeserneuerung!) möglich und sinnvoll ist.

 

Mehr zu dieser Thematik in meinem ausführlichen Buch Ehe, Scheidung und Wiederheirat.

Gott hasst Scheidung! – Das bezeugt uns das prophetische Wort Gottes in Maleachi:

Denn ich hasse Scheidung, spricht der HERR, der Gott Israels, ebenso wie wenn man sein Gewand mit Unrecht bedeckt, spricht der HERR der Heerscharen. So hütet euch bei eurem Leben und handelt nicht treulos!“ (Mal 2,16)

Doch wir müssen diese Aussage im Kontext des Alten Testaments interpretieren: Dieser Ausspruch Gottes erfolgte zu einer Zeit, in der es keine Scheidung aufgrund von Unzucht und Ehebruch gab! Damals wurden Unzüchtige, Hurer und Ehebrecher gesteinigt! Eine Ehe-Scheidung gab es nur aufgrund beliebiger Gründe – nachzulesen in 5.Mo 24,1.

Genauso wie die Ehe-Scheidung (aus beliebigem Grund) hasst Gott alle Formen der Unzucht – ganz besonders aber den Ehebruch, der einen gravierenden Bundesbruch und Treuebruch darstellt (Mal 2,14). Deshalb steht das Verbot des Ehebruchs auch explizit im elementaren Grundgesetz Gottes, in den Zehn Geboten:

„Du sollst nicht ehebrechen.“ (2.Mo 20,14)

 

Müssen Geschiedene ledig bleiben?

Immer wieder wird in diesem Zusammenhang auf das Gebot in 1.Kor 7,10-15 verwiesen:

Den Verheirateten aber gebiete nicht ich, sondern der Herr, dass eine Frau sich nicht vom Mann scheiden lassen sollwenn sie aber doch geschieden ist, so bleibe sie unverheiratet oder versöhne sich mit dem Mann — und dass ein Mann seine Frau nicht entlasse.

Den Übrigen aber sage ich, nicht der Herr: Wenn ein Bruder eine ungläubige Frau hat und sie willigt ein, bei ihm zu wohnen, so entlasse er sie nicht. Und eine Frau, die einen ungläubigen Mann hat, und der willigt ein, bei ihr zu wohnen, entlasse den Mann nicht. Denn der ungläubige Mann ist durch die Frau geheiligt, und die ungläubige Frau ist durch den Bruder geheiligt; sonst wären ja eure Kinder unrein, nun aber sind sie heilig. Wenn aber der Ungläubige sich scheidet, so scheide er sich. Der Bruder oder die Schwester ist in solchen <Fällen> nicht gebunden; zum Frieden hat uns Gott doch berufen.“ (1.Kor 7,10-15)

Wenn Paulus im ersten Absatz von den „Verheirateten“ sprich und dann im zweiten Absatz von den „Übrigen“, bei denen es sich ganz klar um Mischehen handelt, bei denen ein Partner gläubig, der andere aber ungläubig ist, dann lässt sich daraus zweifellos ableiten, dass es bei den „Verheirateten“ (im ersten Absatz) eindeutig um eine Gläubigen-Ehe handelt, wo beide Partner Christen sind. Das ausgesprochene Scheideverbot bzw. das Gebot des Ledigbleibens im Falle von Scheidung gilt also nur für die Gläubigen-Ehe. Und auch nur dann für den Fall, dass kein Ehebruch stattgefunden hat, also aus beliebigem Grund. Denn nur dann hat das Ledigbleiben einen Sinn. Dann steht einer Versöhnung keine Untreue im Weg. In einem solchen Fall würde durch die Wiederheirat eines der Partner tatsächlich ein Ehebruch verübt werden. Denn bei einer Scheidung aus beliebigem Grund besteht ja die Ehe innerlich und vor Gott weiterhin. Erst durch Ehebruch bzw. Unzucht wird ein Zerbrechen der inneren Einheit des „ein Fleisch seins“ (Mt 19,5. 6) bewirkt. Liegt aber in einer Gläubigen-Ehe Ehebruch oder eine anderen Formen der Unzucht (Porneia) vor, dann greift die Ausnahme-Klausel Jesu und legitimiert nicht nur eine Ehescheidung, sondern auch eine anschließende Wiederheirat. Denn „es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ (1.Mo 2,18). „Aber wegen der Unzucht (Porneia) habe jeder seine eigene Frau, und jede habe ihren eigenen Mann.“ (1.Kor 7,2)

Bei einem zerbrochenen Ehe-Bund besteht kein Anlass und keine Verpflichtung, zu warten, um den Weg zur Versöhnung offen zu halten! (Letzteres gilt nur für den Fall einer Scheidung oder Trennung aus beliebigem Grund.) Denn wenn der untreue, schuldige Partner keine Reue und Einsicht zeigt, dann würde sich der andere durch ein langes Warten nur unnötigerweise der Versuchung aussetzten, selbst in Unzucht zu fallen. In dieser Situation ist geistlicher Realismus besser als eine Glaubensakrobatik. Was Paulus für die Misch-Ehe sagt, gilt in diesem Fall auch für die Gläubigen-Ehe, die durch Unzucht oder Ehebruch zerstört wurde: „Denn was weißt du, Frau, ob du den Mann retten wirst? Oder was weißt du, Mann, ob du die Frau retten wirst?“ (1.Kor 7,16) Seelsorger sollten sich hüten, den Betroffenen (Unschuldigen) in dieser Hinsicht zu einer endlosen Warteschleife zu vertrösten!

Die Ausnahme-Klausel Jesu gilt natürlich auch für die Misch-Ehe, wenn der ungläubige Ehepartner Unzucht oder Ehebruch begangen hat. Der gläubige Partner darf sich dann initiativ vom untreuen Partner scheiden lassen und erneut heiraten. Ein Gläubiger oder eine Gläubige sind sogar frei zur Wiederheirat, wenn der/die Ungläubige sich aktiv trennt und scheiden lässt auch ohne Ehebruch/Unzucht begangen zu haben (1.Kor 7,15.16.27.28.39 - vgl. Röm 7,2). Der gläubige Teil ist in diesem Fall nicht „sklavisch gebunden“ (griech.: douleuo) und somit frei für eine neue Ehebindung. Doch bei dieser darf sich ein/e Gläubiger nicht an eine/n Ungläubige/n binden (2.Kor 6,14.15), sondern nur an einen gläubigen Partner (vgl. 1.Kor 7,39). (Als gläubig sind jene Personen anzusehen, die eine bewusste Bekehrung zu Jesus Christus vollzogen haben und sich haben aus eigenem Antrieb taufen lassen.)

 

Zusammenfassung: Jesus hebt für seine Gemeinde die Scheidung aus beliebigem Grund auf und streicht die Steinigung bei Unzucht und Ehebruch, aber er erlaubt durch die Ausnahme-Klausel in Mt 5,32; 19,9 für solche Fälle die Scheidung und Wiederheirat. Ein Verbot von Scheidung und Wiederheirat im Falle von Unzucht und Ehebruch lässt sich gemäß dem Gesamtbild neutestamentlicher Lehre nicht begründen.

             www.exegesa-bibel-lehrdienst.de

 

© Joachim Hübel  2025

Als Leseprobe nachfolgend eine Auswahl von 4 Graphik-Text-Tafeln zum vorliegenden Thema – aus dem Buch  Ehe, Scheidung und Wiederheirat:





Fortsetzung als Email-Korrespondenz

Mein Artikel „Die Ausnahme-Klausel Jesu für Ehescheidung und Wiederheirat in Mt 5,32 u. 19,9“ wurde zum Anlass für einige Emails, die mir zugesandt wurden. Ich füge diese Mitteilungen z.T. in paraphrasierter Form unten hinzu, ebenso meine Antworten in wörtlicher Rede. Die darin geäußerten Standpunkte sind plakativ. Sie gewähren einen plastischen Einblick in die „lebhaften“ Diskussionen, wie sie in vielen Gemeinden stattfinden, wenn es um die vorliegende Thematik „Ehe, Scheidung und Wiederheirat“ geht:

Der besagte Bruder XXX – den ich am Anfang des Artikels (auf Seite 1 in blauer Schrift) habe zu Wort kommen lassen mit seiner Ausführung über den (vermeintlich bestehenden) Unterschied von Pornea (Unzucht/Hurerei) und Moicheia (Ehebruch) in der Ausnahme-Klausel Jesu in Mt 5,32 und 19,9 – antwortete mir sofort in einer Email folgendermaßen:

Lieber Joachim,

[ … ] Du schreibst, ich sei im Irrtum, nur weil ich entschieden für die Ehe eintrete.
Ich weiß, dass ich nicht im Irrtum bin, wenn ich gegen Scheidung eintrete, sondern ich bin damit ganz auf der Linie der Bibel. Gott hasst Scheidung.
Mich betrifft das Thema nicht persönlich, aber ich weiß, dass damit viel Schaden angerichtet wird.
Dazu folgendes:
Jesus hat zu Juden geredet, zu deren Verständnis. Die Bibelstellen kennst Du. Er hat in diesem Zusammenhang ihre Herzenshärtigkeit angeprangert.
Du meinst, ich sei im Irrtum, weil ich gegen eine Scheidung seitens eines Gläubigen bin.
In 1.Kor. 7 ist die Auslegung von Paulus durch den Heiligen Geist für uns Heiden.
Hier steht ganz klar: Wenn sich der Ungläubige scheiden lassen will, soll der Gläubige Partner ihn ziehen lassen. Der Gläubige ist dann frei. Frei wozu, da scheiden sich auch die Geister im frommen Lager.
Hier steht nicht: Wenn der Gläubige sich scheiden lässt, ist der Ungläubige frei. Scheidung von Seiten eines Gläubigen ist somit keine Option.
Wer so eine klare Aussage auf den Kopf stellt, nur um eigenes Versagen in dieser Sache zu rechtfertigen, hat nicht einmal das Vaterunser kapiert. „Und vergib uns unsere Schuld ... usw.“
Auch das Beispiel von Hosea im AT spricht Bände.

[ … ] (Auslassung einer Mitteilung über eine sehr persönliche Erfahrung von XXX)

Aufgrund Deiner ganz offensichtlichen Verdrehung ins genaue Gegenteil (siehe oben) bist Du in dieser wichtigen Sache ein Irrlehrer.
Damit musst Du selber klarkommen vor Gott, nicht vor mir.
Es grüßt Dich - XXX

 

 

Meine Antwort an diesen Bruder XXX lautete folgendermaßen:

Lieber XXX,

danke für deine Email und deine unmissverständliche Rhetorik.

[ … ]

Du hast deine letzte Email an mich mit folgender Erklärung begonnen:

„Du schreibst, ich sei im Irrtum, nur weil ich entschieden für die Ehe eintrete. Ich weiß, dass ich nicht im Irrtum bin, wenn ich gegen Scheidung eintrete, sondern ich bin damit ganz auf der Linie der Bibel. Gott hasst Scheidung.“

Und genau das ist der Knackpunkt deines Irrtums! Wer generell gegen Scheidung eintritt, tritt nicht automatisch für die Ehe ein, sondern deckt die Unzucht in allen ihren hässlichen Spielarten und damit auch die Unzüchtigen und Ehebrecher. Damit liefert er die passiv Betroffenen und Leidtragenden einem teuflischen Zerstörungswerk aus.

Gott hasst die Scheidung aus beliebigem Grund. Das ist der Kontext des von dir zitierten Maleachi 2,16 –  denn es gab im Mosaischen Bund nur eine Form der Scheidung: die aus beliebiger Ursache – aber keine Scheidung bei Ehebruch, Inzest, Missbrauch, Homosexualität, Tiersex etc. – in diesen Fällen wurden die entsprechenden Personen auf Gottes Anordnung hin gesteinigt (3.Mo 20,10-21; 5.Mo 22,20-22).

Gott hasst die Unzucht und den Ehebruch noch viel mehr als die Scheidung (aus beliebiger Ursache!). Er hasst die Unzucht-Sünden so sehr, dass er für alle Unzüchtigen (Ehebrecher, Inzüchtigen, Homosexuellen, Tiersexpraktikanten etc.) die Todesstrafe verordnet hat.

Im Zehngebot (Dekalog) – das ist der einzige Text der Bibel, den Gott aufgrund seiner zentralen Bedeutung mit eigener Hand in die Steintafeln eingraviert hat! (2.Mo 31,18;  32,15;  5.Mo 9,10) – finden wir nicht das Gebot „Du sollst dich nicht scheiden“, sondern „Du sollst nicht ehebrechen“. Denn das hat den absoluten Vorrang!

Es gab im ganzen Alten Testament keine Scheidung wegen Unzucht oder Ehebruch, sondern nur aus beliebiger Ursache. Wenn du diese Tatsache missachtest und dein Mantra „Gott hasst Scheidung“ auch auf die Unzucht (incl. Ehebruch) anwendest, dann vertrittst du eine gravierende und folgenschwere Fehlinterpretation! Diese ist einer der elementarsten Stolpersteine, auf die du deine ganze verfehlte Ehe-Lehre aufgebaut hast.

Du hast meine Ausarbeitung offensichtlich nicht sorgfältig gelesen! (oder nur sehr oberflächlich überflogen) Ich rate dir, diese Ausarbeitung durchzubuchstabieren! – zu deinem eigenen Heil und Nutzen. [ … ]

Es grüßt dich – Joachim

 

Außerdem verfasste ich folgende Gegendarstellung zu seinen schriftwidrigen Erklärungen:

Das Scheidungsverbot Jesu macht nur Sinn, wenn es sich allein auf eine Scheidung aus beliebigem Grund bezieht: „Jeder, der seine Frau entlassen wird, außer aufgrund von Hurerei, macht, dass mit ihr Ehebruch begangen wird; und wer eine Entlassene heiratet, begeht Ehebruch.“ (Mt 5,32) Denn die Heirat einer Geschiedenen kann ja nur dann einen Ehebruch verursachen, wenn die Frau selbst noch keinen Ehebruch verübt hat, weil sie aus beliebigem Grund aus der Ehe entlassen wurde (und die Ehe somit innerlich und vor Gott noch gar nicht gebrochen wurde, und – trotz formeller, juristischer Scheidung – innerlich noch fortbesteht und die beiden „ein Fleisch“ sind). Wird die Frau aber entlassen aufgrund eines Ehebruchs, dann kann der Ehebund gar nicht mehr gebrochen werden, weil er ja bereits gebrochen ist. Dadurch ist die innere, seelische Verbundenheit – das „ein Fleisch sein“ zerstört. In diesem Fall wäre die Aussage Jesu (oben fett gedruckt) unsinnig! Das zeigt, dass die Ausnahme-Klausel Jesu sich auf jede Form von sexueller Unzucht (inklusiv des Ehebruchs!) bezieht. (Das gilt natürlich auch umgekehrt, wenn die Frau den Mann aus beliebigem Grund entlässt.)

Ehebruch führt zur Zerstörung des Ehebunds (= Bundesbruch) und zur Auflösung des „ein Fleisch seins“ (Mt 19,5.6). Denn der Ehebrecher bzw. die Ehebrecherin wird dann zu „einem Fleisch“ mit dem anderen Sexualpartner, was zur Auflösung der bisherigen Einheit (Verbundenheit) führt – siehe dazu 1.Kor 6,16.18: „Oder wisst ihr nicht, dass, wer der Hure anhängt, ein Leib mit ihr ist? »Denn es werden«, heißt es, »die zwei ein Fleisch sein.« … Flieht die Unzucht! [Dazu gehört auch die Unzucht des Ehebruchs!] Jede Sünde, die ein Mensch begehen mag, ist außerhalb des Leibes; wer aber Unzucht treibt, sündigt gegen den eigenen Leib.“

Die von dir angesprochene Herzenshärtigkeit, die Jesus bei den Juden anprangerte, richtete sich nicht auf die Scheidung wegen Ehebruch/Unzucht, sondern auf den Scheidebrief bei einer Scheidung aus beliebiger Ursache, die Mose ihnen auf Gottes Anordnung hin wegen ihrer Herzenshärtigkeit gestattete (siehe Mt 19,7.8). Nein XXX, du trittst nicht „entschieden für die Ehe ein“, sondern du deckst durch dein striktes Verbot der biblisch legitimen Scheidung und Wiederheirat indirekt den Ehebruch und die Unzucht!

Gott hasst Scheidung. Da hast du völlig Recht. Doch diese Aussage stammt aus dem Propheten Maleachi – also aus dem Alten Testament. (Es ist also weder eine Aussage von Jesus noch von Paulus!) Im Kontext bezieht sich die Aussage in Maleachi 2,16 eindeutig auf Scheidung aus beliebigem Grund gemäß 5.Mo 24,1. Denn es gab damals im Alten Bund keine Scheidung wegen Unzucht-Sünde oder wegen Ehebruch. Denn da wurden solche Sünden mit dem Tod bestraft (3.Mo 20,10-21; 5.Mo 22,20-22). Das zeigt, dass Gott den Ehebruch und jede Form der Unzucht mindestens genauso hasst wie die Scheidung aus beliebiger Ursache. Und genau darauf nimmt Jesus Bezug, wenn er sagt: „Wer seine Frau [nach dem Gesetz Moses aus beliebigem Grund!] entlässt und eine andere heiratet, begeht Ehebruch gegen sie. Und wenn sie ihren Mann entlässt und einen anderen heiratet, begeht sie Ehebruch.“ (Mk 10,11.12) Saubere Bibelauslegung berücksichtigt diesen Kontext! Wer das Scheideverbot Jesu für die Scheidung aus beliebigem Grund auch auf die Scheidung wegen Ehebruch und sonstiger Unzucht-Sünden bezieht, der geht weit über die Schrift hinaus. Eine solche Verirrung hat durch das strikte Scheidungs- und Wiederheirats-Gebot schon vielen Glaubensgeschwistern eine untragbare Last auferlegt. Außerdem hat es die legitim aus Unzucht und Ehebruch Geschiedenen, die dann neu geheiratet haben, in vielen Christengemeinden zu Geächteten abgestempelt und schwer verletzt. Nicht selten hat man ihnen sogar die Erlösung abgesprochen und ihnen buchstäblich „die Hölle heiß gemacht“. 

Auf die von dir angesprochene paulinische Darstellung in 1.Kor 7,10-16 gehe ich in meinem Artikel auf der Webseite (sieh oben) sorgfältig ein. Dort ist in den Versen 12-16 eindeutig von der Misch-Ehe die Rede ist – ein Ehepartner ist gläubig geworden, der andere ist ungläubig geblieben. Gemäß der Erklärung von Paulus ist der Gläubige „nicht gebunden“, selbst wenn der Ungläubige sich ohne Ehebruch/Unzucht vom Gläubigen aktiv trennt und/oder scheiden lässt. Der Gläubige ist dann frei zur Wiederheirat. Er muss nicht ledig bleiben – wie im Falle der Gläubigen-Ehe (1.Kor 7,10-12) – und er muss nicht darauf warten, dass sich der Ungläubige irgendwann einmal bekehrt (1.Kor 7,15.16). Paulus erklärt genau, was er mit „nicht sklavisch gebunden“ (griech.: douleuo) und „frei sein“ meint: „Bist du an eine Frau gebunden, so suche nicht los zu werden; bist du frei von einer Frau, so suche keine Frau! Wenn du aber doch heiratest, so sündigst du nicht (1.Kor 7,26-28). Gemäß dem Grundsatz „die Bibel legt sich selbst aus“ ist genau das die Erklärung für die Aussage „Wenn aber der Ungläubige sich scheidet, so scheide er sich. Der Bruder oder die Schwester ist in solchen Fällen nicht gebunden; zum Frieden hat uns Gott doch berufen.“ (1.Kor 7,15) Das bedeutet aber, dass die betreffenden Gläubigen, wenn sie wieder heiraten, „nicht sündigen“!

Doch im Falle von Ehebruch/Unzucht des Ungläubigen sieht der Fall in der Misch-Ehe wieder anders aus. Dann kann sich gemäß der Ausnahme-Klausel Jesu (Mt 5,32; 19,8) auch der Gläubige aktiv vom Ungläubigen scheiden lassen und wieder heiraten (siehe dazu oben die Darstellungen in „Jesu Ausnahme-Klausel bei Scheidung"). – Du meinst in deiner Email, ich stelle die klare Aussage in 1.Kor 7,12-16 auf den Kopf, dabei bist du es, der die einfachsten Text-Zusammenhänge falsch interpretiert. Durch deine Lehr-Position der generellen „Unauflösbarkeit der Ehe“ bürdest du den betroffenen Geschwistern eine untragbar schwere Last auf, indem du forderst, dass sie sich sogar bei Ehebruch und sonstiger Unzucht nicht scheiden dürfen – oder dass sie im Falle einer Scheidung für den Rest des Lebens nicht mehr neu heiraten dürfen. Das zeigt, dass du völlig festgefahren bist in der Sackgasse deiner Fehlinterpretation. Diesen „listig ersonnenen Irrtum“ (Eph 4,14) vertrittst du jetzt schon seit 50 Jahren und bläst ihn den Glaubensgeschwistern in die Ohren und Herzen. Dafür wird dich der Herr zur Rechenschaft ziehen!

Du meinst, man müsse als Gläubiger „eine Menge von Sünden bedecken“ und dem schuldigen Partner bedingungslos vergeben und dann die Erinnerungen daran auslöschen. Das heißt, dass man selbst dann Vergebung gewähren müsse, wenn der Schuldige uneinsichtig ist und seine Schuld nicht einsieht, bereut und bekennt, und auch nicht bereit ist, sein Verhalten zu ändern. Nein, die Bibel lehrt keine bedingungslose Vergebung! Auch Gott vergibt nicht bedinungslos (siehe 1.Joh 1,8-10;  Ps 32,3-5;  Spr 28,13). Und das Wort Gottes erklärt uns im Neuen Testament, dass wir die bedingte Vergebung Gottes zum Vorbild nehmen sollen (Eph 4,32;    Kol 3,13 – siehe Mt 18,15-18.32.33.35;  Lk 17,3) – siehe dazu den Link  J. Hübel: Müssen wir anderen bedingungslose Vergebung gewähren? Wer sich bei der Vergebung immer nur auf die Aussage im Vater-unser-Gebet (Mt 6,12.14.15) bezieht und all die anderen Schriftstellen und Gebote Jesu außer Acht lässt, der missachtet das Gesamtbild neutestamentlicher Lehre und wird zum Irreführer und Pharisäer (der aus den guten Geboten Gottes harte Forderungen und untragbare Lasten macht – siehe dazu Mt 23,4;  11,28.30;  1.Joh 5,3).

Du erwähnst den Propheten Hosea. Die zwei ehebrecherischen Ehen des Hosea sind prophetische Bilder und können wahrlich nicht als angemessene Grundlage für eine neutestamentliche Lehre über Ehe, Scheidung und Wiederheirat verwendet werden. Dieser (bemitleidenswerte!) Prophet sollte zweimal(!) ehebrecherische Frauen heiraten – das sind die beiden Frauen, die bei Hesekiel als Ohola und die Oholiab erwähnt werden (Hes 23,4.5). Die zwei hurerischen Ehen von Hosea sind eine prophetische Darstellung für das ehebrecherische Verhältnis von Juda/ Jesusalem und Israel/Samaria zum HERRN. Beide haben den Bund mit dem HERRN gebrochen. Aufgrund des Bundesbruchs hat Gott ihnen dann einen Neuen Bund verheißen – in den auch wir „Heiden“ (aus den Nationen) durch Jesus Christus eintreten durften – und in den auch ganz Israel – nach langer und schwerer Züchtigung – in der Endzeit eintreten wird (Röm 11,1-36;  Hebr 8,8-10;  10,16;  Jer 31,31-33).

Du schreibst, dass sich ein geschiedener und wiederverheirateter Mann für das Amt eines Gemeindeleiters und Predigers disqualifiziert habe, weil Paulus schreibt, „ein Aufseher sei eines Weibes Mann“. Im 1. Timotheus-Brief heißt es wörtlich: „Der Aufseher nun muss untadelig sein, Mann einer(A) Frau, nüchtern, besonnen, anständig, gastfrei, lehrfähig …“ (1.Tim 3,2) [In der rev. Elberfelder-Bibelübersetzung ist folgende Anmerkung enthalten: A) Im Griech. steht hier ein Zahlwort]. Diese Aussage und die Anmerkung machen deutlich, dass es hier hauptsächlich um eine Abgrenzung gegen die Polygamie geht, also um die im Alten Testament noch gebilligte Mehrfach-Ehe (wie sie heute noch teilweise im Islam und in manchen andern Religionen und Kulturen gebilligt wird). Jetzt zu unterstellen, dass ein legitim geschiedener Mann – der sich also gemäß der Ausnahme-Klausel Jesu in Mt 5,32; 19,9 aufgrund von Unzucht/Ehebruch von seiner Frau hat scheiden lassen – und der erneut geheiratet hat, nicht „Mann einer Frau“ sei, das ist eine massive Fehlinterpretation und eine mutwillige Diffamation. Gemäß deiner Fehlinterpretation hätte sich dann auch ein verwitweter Gemeindeleiter und Prediger, der wieder geheiratet hat, für den geistlichen Dienst disqualifiziert. Denn auch er hat ja (nacheinander) zwei Frauen. Das wäre absurd! – Es gibt zwei Faktoren, die einen Ehe-Bund auflösen: der Tod und die massive Sünde des Ehebruchs bzw. der Unzucht. (siehe dazu die Graphik-Tafel auf der nächsten Seite).

Du schriebst außerdem: „Ich persönlich habe die Erkenntnis aus der Schrift, dass ich mich nicht aktiv von meiner Frau scheiden lassen darf. Das käme für mich nicht in Frage.“ – Damit stehst  du nicht allein da. Das ist die Überzeugung vieler anderer Vertreter der Lehrauffassung von der „Unauflösbarkeit der Ehe“. Und diese Haltung lässt sich schön praktizieren, solange der Ehepartner treu ist und sich an das abgegebene Ehegelöbnis hält. Doch wer einmal den großen Schmerz erfahren hat, dass seine Ehepartnerin bzw. sein Ehepartner sich mit anderen Sexualpartnern*innen einlässt und den Ehebund bricht und das erhabene Treuegelöbnis, das sie/er vor dir und vor Gott abgelegt hat, einfach in den Wind schlägt, dann sieht mit einem Mal alles anders aus. In solcher Situation hat schon mancher hartgesottene Vertreter der „Unauflösbarkeit der Ehe“ einen schnellen und gründlichen Gesinnungswandel erfahren! Jesus ist da barmherziger als manche christlichen Idealisten. (Mal abgesehen davon, dass die neutestamentliche Gesamtlehre eine solche Lehrposition gar nicht unterstützt – siehe oben.)

Gott ist ein Bundes-Gott, der Bundesbrüche jeder Form verurteilt und hasst. Ein Ehebruch ist ein Bundesbruch. Warum sollte die von dir angeführte voreheliche Sexualität (der Verlust der Jungfräulichkeit) – die keinen faktischen Ehebundesbruch darstellt – bei der Scheidungsfrage schwerer ins Gewicht fallen als der knallharte Bruch des Ehebundes durch Untreue?! 

Übrigens: Ich würde dich mit deinen schriftwidrigen Ansichten über Ehe, Scheidung und Wiederheirat auch nicht als Leiter einsetzen oder dich auf die Kanzel lassen, um zu predigen. 

Mit meinen abschließenden Anmerkungen in dieser Gegendarstellung habe ich meine Verantwortung vor Gott, dich auf deine Irrtümer hinzuweisen, erfüllt. Du wirst von mir zu dieser Thematik keine weiteren Erklärungen mehr erhalten.

[Ende der Gegendarstellung]

 

 

Email-Feedback eines anderen Glaubensbruders

Ein anderer Glaubensbruder (ich will ihn hier mal Kevin nennen) sandte mir ein positives Feedback. Er schrieb, dass er meinen Artikel über die Ausnahme-Klausel Jesu mit großem Interesse gelesen habe. Er meinte, dass ich die Thematik ausführlich und biblisch korrekt darlege. Er verband seine Nachricht mit der Hoffnung, dass meine Darstellung vielen Betroffenen zur Hilfe dienen möge und Licht in dieser schwierigen Frage aufleuchten lasse. Bezüglich des letzten Absatzes auf Seite 6 (über die aktive Scheidung des Gläubigen bei Ehebruch/Unzucht) würde er dem gläubigen, unschuldigen Partner jedoch unbedingt empfehlen, die Scheidung nicht aktiv zu betreiben, damit der Weg einer Versöhnung offen gehalten werde. Aber das sei seine persönliche Meinung. Jeder Fall sei ja, was die erlittene Verletzung und die gemeinsamen Kinder betreffe, anders gelagert und müsse individuell beurteilt werden.

 

Hallo lieber Bruder Kevin,

danke für dein Feedback.

[ … ]

Zu deinem Gedanken der Versöhnung möchte ich anmerken: Wer einmal selbst durch die emotionale Hölle eines vom Partner wiederholt verübten Ehebruchs gegangen ist, der hört die unter Christen oftmals geäußerten (pseudo-)christlichen Vergebungs-, Warte- und Versöhnungs-Tiraden auf einem anderen Ohr. Und der versteht, warum Jesus die Ausnahme-Klausel verordnet(!) hat. Manche sensiblen Gläubigen sind aufgrund des Ehebruchs ihres Partners fürs ganze Leben gezeichnet und haben eine „posttraumatische Belastungsstörung“ bekommen - und dazu manchmal aufgrund ihrer Verletzung noch eine angstgeprägte Bindungsunfähigkeit, die sie daran hindert, sich auf eine neue Beziehung und Ehe einzulassen. Und dann kommen „liebe“ Glaubensgeschwister und reden ihnen ein, sie sollten Vergebung üben und unbedingt warten und die Versöhnung anstreben, und sich keinesfalls aktiv scheiden lassen ... Denn wer wirklich vergibt, der sei ja auch zur Versöhnung bereit – und so weiter und so fort …

Aus meiner eigenen Erfahrung, aus meiner seelsorgerlichen Erfahrung und aus meiner Sicht als Bibellehrer kann ich nur sagen, dass das völliger Unsinn ist. Wenn heute Christen zu mir kommen und sagen, ihr Ehepartner ist „untreu“ – eine gelinde Umschreibung für deren rücksichtslose Schweinerei! (Entschuldigung!) –, und sie erklären mir, dass sie beten und warten und auf die Umkehr des anderen hoffen, damit Versöhnung stattfinden kann, dann rate ich ihnen ab, ja ich ermahne sie, dass sie sich umgehend von dem Ehebrecher trennen müssen und scheiden sollen, weil sie sonst mitschuldig werden. Und dann sollen sie sich bitteschön gut überlegen, ob sie sich auf den ehebrecherischen Partner noch mal einlassen wollen – selbst wenn dieser seine Sünde bereut hat – und ob sie mit diesem wirklich den heiligen Ehebund erneuern wollen. (Zur Fortsetzung eines gebrochenen Ehebunds reicht nicht einfach der Zuspruch der Vergebung; es ist unbedingt eine „Bundeserneuerung“ erforderlich!)

Gott ist da realistischer als viele Christen. Das Warten ist gemäß Paulus allein bei einer Gläubigen-Ehe angesagt, wenn kein Ehebruch oder Unzucht geschehen ist (1.Kor 7,10.11). In jedem anderen Fall rät Paulus im Heiligen Geist: „… zum Frieden hat uns Gott doch berufen. Denn was weißt du, Frau, ob du den Mann retten wirst? Oder was weißt du, Mann, ob du die Frau retten wirst?“ (1.Kor 7,15.16). Das sind geistlich realistische Töne!

Natürlich muss da jeder Fall individuell beurteilt werden. Es gibt da auch „unschuldige“ Schuldige, die massiv bedrängt und in einem schwachen Moment verführt wurden. Diese sind dann hinterher ganz fassungslos und völlig zerknirscht. Ich will mich da nicht als Richter aufspielen. Aber bei Wiederholungstätern sollte man nicht zimperlich sein. 

Ja, ich habe, wie du meintest, den Br. XXX mit meinen Darstellungen richtig rangenommen – doch ich habe die biblische Wahrheit in Liebe, aber auch mit Salz gewürzt bezeugt. Denn schließlich hat jener besagte Bruder XXX mit seinen irreführenden Tiraden anderen 50 Jahre lang das Leben schwer und die Hölle heiß gemacht. Und da wird auch Jesus richtig zornig – siehe Mt 18,6.7. Der Apostel Paulus hat manche Irrlehrer (Christen!) [in apostolischer Vollmacht] mitunter sogar zur Züchtigung dem Teufel übergeben, damit sie zurechtgewiesen werden, nicht weiter zu lästern – 2.Tim 2,16-18;  1.Tim 1,18-20 – vgl. 1.Kor 5,4-5.

Mit meinen Ansagen habe ich XXX aus seiner Reserve gelockt, und das hat zu einer Scheidung der Geister geführt. [ … ]

Herzliche Grüße – Joachim

 

 

In einer Rückmail meinte Kevin, dass die (von mir oben angeführte) Antwort von Br. XXX an mich bezeichnend sei. Er habe sich offensichtlich nicht richtig und umfassend mit der Thematik befasst und anscheinend meinen Artikel nicht gelesen oder nicht verstanden. Denn er würde keine stichhaltige, biblische Begründung für seine Auffassung anführen, sondern nur Phrasen und aus dem Zusammenhang herausgegriffene Aussagen (z.B. Hosea). Das zeige, dass er diese schwierige Frage nicht sauber herausgearbeitet habe und sich hinter der Aussage verstecke, dass jeder selbst vor Gott verantwortlich sei. Auch die Frage, für was der Gläubige denn nun frei sei (gemäß 1. Kor 7,15) habe er unbeantwortet gelassen. Durch sein unklares, ja falsches Schriftverständnis werden viele Geschwister in notvoller Lage in die Irre geführt. Die Stellungnahme bzw. Gegendarstellung von mir sei gut und aufklärend. Kevin meinte, dass dem betreffenden Bruder jetzt doch wirklich die Augen aufgehen müssten über seine falsche Sichtweise.

Dann gab mir Bruder Kevin einen Hinweis auf das Buch von Lothar Gassmann (Hrsg.): „Ehescheidung und Wiederheirat – Eine biblische Fundamentaluntersuchung – Dürfen Geschiedene wieder heiraten? – Was sagt die Bibel dazu?“ (erschienen im Fromm-Verlag unter ISBN: 978-3-8416-0295-4). Für ihn sei dieses Buch sehr hilfreich gewesen, da dort u.a. der rabbinische und kulturelle Hintergrund dargelegt werde, den man sonst nirgendwo zu lesen bekäme. Auch der seelsorgerliche Aspekt sei eine gute Ergänzung zur rein lehrmäßigen Betrachtungsweise.

 

In meiner Antwort schrieb ich diesem Bruder folgendes:

 

Hallo lieber Bruder Kevin,

[ … ] Deine Aussage hat mir geholfen, meinen Stand in dieser Hinsicht – ob sich Gläubige aktiv von einem Ehepartner scheiden lassen dürfen, der in Unzucht/Ehebruch lebt – zu klären und deutlich zu formulieren. Jetzt habe ich es nochmal als klare Positionierung artikuliert. [ … ] Vor einigen Jahren hätte ich das genauso wie du gesehen und für Zurückhaltung plädiert. Quasi als Zugeständnis an die Scheidungs- und Wiederheirats-Gegner. Musste mich da auch erst einmal freistrampeln von aller Zimperlichkeit. Doch wir dürfen da festen Stand gewinnen. In den Zehn Geboten steht nicht "Du sollst dich nicht scheiden lassen." sondern eben doch "Du sollt nicht die Ehe brechen." Denn Gott hasst den Bundesbruch ganz besonders. Bei einer formalen Scheidung im Falle von Ehebruch/Unzucht geht es vor allem um Schadensbegrenzung. Besser ist, dass erst gar kein Ehebruch verübt wird. Doch Gott ist Pragmatiker und hat für alle Schadensfälle Lösungen parat, mit denen ein gutes Weiterleben möglich ist.

Die Situation eines Ehebruchs, bei dem der Unschuldige dazu verdammt wird ohne Scheidung in dieser furchtbaren Situation auszuharren – immer wieder neu verletzt zu werden – oder gar mit dem Schuldigen sexuelle Gemeinschaft haben zu müssen, weil dieser ja der Ehepartner ist – und diesem seine Schuld dann auch noch bedingungslos vergeben zu müssen - das ist ein Szenarium, bei dem der Satan seine helle Freude hat. Denn dadurch kann er die Menschen gründlich ruinieren und zerstören. Leider hat sich XXX zum Sprachrohr dieser dämonischen Lehre gemacht ... 

Natürlich muss jeder Fall individuell betrachtet und bewertet werden. 

Das Buch ist sicher interessant. Ich habe mich auch intensiv mit der rabbinischen Tradition beschäftigt - mit den zwei Strömungen von Schammai und Hillel ... [Die Linie von Rabbi Hillel vertrat die liberale Scheidungspraxis – also Scheidung auch bei geringfügigen Mängeln. Die Linie von Rabbi Schammai vertrat die strenge Scheidungspraxis – also Scheidung nur bei schweren Mängeln wie Unzucht.] Doch die Basis meiner Ehe-Lehre ist das reine Wort Gottes. – Dass die Pharisäer Jesus in die Diskussion zwischen diesen beiden Lehr-Richtungen hineinziehen wollten, ist eine Vermutung und steht nicht explizit im Neuen Testament. Deshalb gehe ich auch in meinem umfangreichen Buch "Ehe, Scheidung und Wiederheirat" und in meinem Artikel zur Ausnahme-Klausel Jesu nicht darauf ein. Ich treffe da vorrangig die Unterscheidung zwischen Sünde, die die Ehe belastet, und Sünde, die den Ehe-Bund zerstört. Und diese Unterscheidung treffe ich auf der Grundlage des reinen Schriftzeugnisses. Bei dieser Gelegenheit zeige ich auf, dass es durchaus leichte und schwere Sünden gibt (1.Joh 5,16.17) – Mücken und Kamele (Mt 23, 24), Splitter und Balken im Auge (Mt 7,3-5). Der Standpunkt von Rabbi Schammai, der Scheidung nur bei Ehebruch/Unzucht duldete, entspricht nicht dem biblischen Befund. Denn diese schweren Vergehen sollten gemäß dem Gesetz Moses nicht geschieden werden, sondern mit dem Tod bestraft werden. Das geschah auch noch zurzeit Jesu so. (Siehe dazu die Geschichte von der ertappten Ehebrecherin, die gesteinigt werden sollte – Joh 8,3ff - vgl. Joh 8,5;  10,31;  11,8) Bei der Kreuzigung Jesu gab es nur ein kurzes Zeitfenster von einigen Monaten, wo es den Juden verboten war, die Todesstrafe selbst zu verhängen und zu vollstrecken. Deshalb brauchte der Hohe Rat dazu die Genehmigung von Pontius Pilatus (Statthalter des röm. Kaisers in Judäa und Samaria - ca. 26—36 n. Chr.) sowie die römischen Soldaten zur Exekution.* Bei Stephanus war dieses römische Dekret bereits wieder aufgehoben. Deshalb war es den Pharisäern möglich, diesen ersten Märtyrer einfach vor die Stadt zu schleifen und sofort zu steinigen (Apg 7,54-60).

Herzliche Grüße und Gottes Segen – Joachim

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* Als Pilatus die Mitglieder des Hohen Rates aufforderte, Jesus nach ihrem eigenen Gesetz selbst zu richten, antworteten ihm die Juden: „Wir dürfen niemand töten." (Joh 18,31) Offensichtlich war den Juden die Vollstreckung der Todesstrafe zeitweise verboten worden. Und tatsächlich hatte der Konsul Lucius Aelius Sejanus im Jahr 30 n. Chr. im römischen Senat einen Erlass durchgesetzt, der den Juden die Ausführung der Todesstrafe verbot. Doch im Oktober 31 n. Chr. erhielten die Juden ihre Privilegien zurück. (Axel Schwaiger: „Geschichte und Gott“, S. 201)

 

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Hier ein kostenloser Download des pdf-Dokuments „Die Ausnahme-Klausel Jesu für Ehescheidung und Wiederheirat in Mt 5,32 u. 19,9“ (2,39 MB, 18 Seiten):

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Jesu Ausnahme-Klausel bei Scheidung m P.
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